Es ist allgemein bekannt, dass Protein für den Muskelaufbau nötig ist. Braucht man jedoch auch wirklich Proteinpräparate, um dieses Ziel zu erreichen?
Laut einigen Experten kann zu wenig Protein nach dem Training zu Verletzungen der Muskeln führen, das Muskelwachstum wird also beeinträchtigt. Die Firmen, die Nahrungsergänzungsmittel vertreiben, empfehlen nach dem Training Proteingetränke zu trinken, um das Muskelwachstum und die Regenerierung zu fördern, besonders zu empfehlen ist Molke, ein Nebenprodukt der Käseherstellung, das reich an Leucin ist.
Eine Umfrage der Mintel Research Company aus dem Jahre 2017 ergab, dass 27% der Briten nach dem Sport Nahrungsergänzungsmittel zu sich nimmt, wie zB. Proteinriegel und Proteingetränke. Bei denen, die mehr als einmal pro Woche Sport treiben, ergab das sogar 39%. Mehr als die Hälfte der Befragten, die proteinhaltige Produkte anwenden, konnte aber kaum angeben, welche Wirkungen sie gemerkt haben.
Die Forschungen zu diesem Thema kamen zu verschiedenen Ergebnissen. Eine 36 Seiten lange Studie aus 2014 ergab, dass Nahrungsergänzungsmittel auf Proteinbasis in den ersten Wochen bei Personen, die früher nicht trainierten, keinen Einfluss auf das Körpergewicht und die Muskelkraft haben.
Nach einer Zeit, wenn das Training stärker wird, können Nahrungsergänzungsmittel zum Muskelwachstum beitragen. Die Forschung hat aber auch ergeben, dass diese Veränderungen langfristig nicht eindeutig bewiesen werden können. Eine Studie aus 2012 ergab, dass Protein die physische Leistungsfähigkeit erhöht, die Regenration der Muskeln nach dem Training und die Erhöhung des Körpergewichts fördert. Aber zur optimalen Wirkung muss Protein mit schnell aufnehmbaren Kohlenhydraten kombiniert werden.
Sportler und die Besucher von Fitnessräumen können zwar davon profitieren, wenn sie nach dem Training Proteingetränke trinken, das heißt aber noch lange nicht, dass sie weitere Nahrungsergänzungsmittel brauchen. Laut Kevin Tipton, Sportprofessor an der Stirling University nehmen die meisten Menschen sowieso viel mehr zu sich, als der eigentliche Proteinbedarf. „Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen ist nicht nötig. Es ist eine bequeme Möglichkeit, an Protein zu kommen, sie enthalten aber nichts, was man nicht aus der Nahrung entnehmen könnte. Proteinriegel sind bloß Zucker mit einem bisschen extra Protein.”
Tipton fügte hinzu, dass nach Angaben von Bodybuildern Nahrungsergänzungsmittel gar nicht so wichtig seien, wie man es aus der Werbung entnehmen könnte. „Es wird betont, welches Ergänzungsmittel besser ist, und nicht, welche Rolle das Training spielt.”-meinte er.
Die meisten Experten teilen Tiptons Meinung, dass es am besten ist, Protein durch Nahrung zu sich zu nehmen. Es gibt aber einige Ausnahmen, wie zum Beispiel Sportler, die die tägliche Proteinportion nur schwer erreichen können, gab Greame Close, Professor für Humanpsychologie an der John Moorse University in Liverpool an. „ Meiner Meinung nach brauchen viele mehr Protein, als der Durchschnitt, für sie sind Nahrungsergänzungsmittel ideal”- behauptet er. Proteinshakes können also in diesem Fall sehr nützlich sein.
Emma Stevenson, Professorin für Sport- und Gesundheitswissenschaften an der Universität Newcastle, arbeitet mit Firmen zusammen, die proteinhaltige Lebensmittel, zum Beispiel Kekse für Ältere herstellen. „Je älter man wird, desto mehr sollte man auf die Bewahrung der entsprechenden Muskelmasse acht geben, sonst wird man leicht zerbrechlich und immer weniger aktiv”-behauptete sie.
Glücklicherweise ist es schwer, zu viel Protein zu sich zu nehmen. Es gibt zwar eine Obergrenze, was die Proteinzufuhr betrifft, sie sei aber nahezu „unmöglich” zu erreichen, sagte Tipton. Einige Diätetiker behaupten, zu viel Protein schadet der Leber und den Knochen, aber bei gesunden Menschen ist dieses Risiko minimal. Wenn jemand schon an einer Lebererkrankung leidet, kann zu viel Protein Probleme verursachen, bei anderen ist das Risiko sehr niedrig.
Protein an sich ist nicht schädlich, dafür können aber Proteinriegel wegen ihres hohen Kohlenhydratgehalts Verdauungsbeschwerden verursachen, wie Blähungen, Darmgase und Bauchschmerzen. Stevenson riet dazu, das Etikett des Produktes immer aufmerksam zu lesen. „Oft enthalten diese Ergänzungsmittel sehr viele Kalorien und massenhaft Zucker. Man darf also nicht davon ausgehen, dass etwas gesund ist, nur, weil draufsteht, es enthält viel Protein.”- sagte sie.